Ein Film von Anita Eichholz
Sendung: 11. Dezember 2006 um 22.45 h im BFS
Exklusiv für den Bayerischen Rundfunk geben Michael Graf Holnstein,
ansässig in Schloß Thalhausen bei Freising und sein Hausarchivar,
Martin Irl aus Schwarzenfeld/Oberpf., Einblicke in die schicksalhafte
Beziehung des Grafen Max Holnstein zu Ludwig II.
Zum Ende des Gedenkjahres "200 Jahre Königreich Bayern"
wird somit an den Mann erinnert, der im Leben des "Märchenkönigs"
Ludwig II. von Kindheit an eine wichtige Rolle spielte. Anhand bisher
unveröffentlichter Bilder und Dokumente aus dem Holnstein-Archiv
in Schwarzenfeld beleuchtet Filmautorin Anita Eichholz entscheidende
Akte bayerischer Geschichte. Ihre penible Recherche verleiht dem Film
erhebliche Brisanz und wird auch Ludwig-II.-Forscher überraschen.
Die Grafen von Holnstein entstammen einer Verbindung des bayerischen
Kurprinzen Karl Albrecht mit Hofdame Carlotta von Ingenheim. Ihr 1723
geborener Sohn wurde vom Kurfürsten als "Franz Ludwig Graf von
Holnstein aus Bayern" legitimiert und bekam das Wittelsbacher Rautenwappen
verliehen, allerdings versehen mit einem "Bastardbalken". Von
der heutigen Öffentlichkeit kaum bemerkt, schmückt es den Giebel
des "Palais Holnstein", Sitz des Erzbischofs von München
und Freising.
Die markanteste Persönlichkeit der Familie ist Maximilian Graf Holnstein,
der unabhängige Majoratsherr aus Schwarzenfeld, der zur Schlüsselfigur
am Hof Ludwigs II. aufstieg.
Im Film wird seine Biografie an Originalschauplätzen szenisch aufbereitet:
ein Duell in jungen Jahren, als es um die Ehre seiner Mutter, der schönen
Caroline ging, die vollen Einsatz fordernden Aufgaben als königlich
bayerischer Oberststallmeister mit Dienstwohnung am Münchner Marstallplatz,
die Eheschließung mit Maximiliane von Gumppenberg, einer Enkelin
des Prinzen Carl von Bayern und sein Familienleben in Schloss Schwarzenfeld.
Der Oberststallmeister bekleidete nach Obersthofmeister, Oberstkämmerer
und Obersthofmarschall das vierthöchste Amt am Hofe. Er plante alle
Reisen des Königs, war verantwortlich für das gesamte Fahr-
und Reitwesen. Im Münchner Marstall liefen alle Fäden zusammen.
Ludwig II. setzte den 10 Jahre älteren Max Holnstein für Privates
und Politisches, als inoffiziellen und offiziellen Vertreter ein. Der
folgenreichste Schachzug des Grafen Holnstein war 1870 der "Kaiserbrief".
In einer beispiellosen Reisediplomatie zwischen Versailles und Hohenschwangau
hin- und herpendelnd, wurde Holnstein 1870 zum Überbringer des von
Bismarck entworfenen "Kaiserbriefes", mit dem Ludwig II. dem
Preußenkönig Wilhelm I. schließlich die deutsche Kaiserkrone
antrug. Dieser Erfolg wurde ihm von vielen geneidet. Mit handschriftlichen
Briefentwürfen aus dem Monacensia-Literaturarchiv widerlegt Anita
Eichholz den später erhobenen Vorwurf, Holnstein habe damit am bayerischen
Außenminister Graf Bray-Steinburg vorbei gehandelt.
Als am 16. Juli 1871 die bayerischen Truppen aus dem Krieg gegen Frankreich
zurückkehren und in München ihre Siegesparade abhalten, befindet
sich Oberststallmeister Max Graf Holnstein auf dem Höhepunkt seiner
Karriere. Die Autorin setzt ein zeitgenössisches Gemälde von
Louis Braun (Armeemuseum Ingolstadt) in Szene: Den Blick fest auf seinen
Dienstherrn Ludwig II. gerichtet, reitet Holnstein an prominenter Stelle,
protokollarisch ungewöhnlich sogar von dem Prinzen Otto von Bayern.
Man sieht einen mißmutigen König Ludwig II., der über
den Verlust der bayerischen Eigenstaatlichkeit und seiner Souveränität
nicht hinwegkommt. Er flüchtet in Phantasiewelten und läßt
kostspielige Märchenschlösser errichten. Vergeblich bemüht
sich Holnstein, den König an seine Regierungspflichten zu erinnern
und weiteres Schuldenmachen zu verhindern. Holnstein befürchtet,
wie auch die bayerischen Minister, den Kollaps der Staatsfinanzen.
Bis heute ist das Geschichtsbild von Max Graf Holnstein einseitig geprägt
durch die Tatsache, dass er an der Amtsenthebung Ludwigs II. im Jahr 1886
beteiligt war, und dass er sich von den lange geheim gehaltenen "Bismarckschen
Geldern" für König Ludwig II. zehn Prozent Provision einbehielt.
Aber macht ihn das zum Verräter an König und Vaterland, als
den ihn Spielfilmregisseure von Helmut Käutner bis Lucchino Visconti
darstellen?
Mit Hilfe von Schriftstücken aus dem Geheimen Hausarchiv des Bayerischen
Hauptstaatsarchiv und einem Interview mit Professor Reinhard Heydenreuter
belegt Filmautorin Anita Eichholz, dass Max Graf Holnstein von den Hauptakteuren
der staatsstreichartigen Amtsenthebung - den Ministern von Lutz, von Feilitzsch,
von Crailsheim sowie Prinz Luitpold von Bayern - erst als Mithelfer eingespannt
und dann zum Sündenbock gemacht wurde.
Anita Eichholz, München 9. November 2006
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Max Graf Holnstein
© Bayer. Armeemuseum foto: Martin Irl
(v.l.n.r.)
Martin Irl
Anita Eichholz
Michael Graf Holnstein
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